Der Chef-Anlagestratege der Deutschen Bank veröffentlicht seit ein paar Jahren seine „10 Prognosen für das kommende Jahr“, die sehr knapp geschrieben sind – also leicht verdaulich – aber natürlich hervorragend recherchiert. Was wir als besonders integer schätzen, ist, dass er am Ende des Artikels seine Prognosen des letzten Jahres mit der tatsächlichen Entwicklung vergleicht – das finden Sie sehr selten. Wir erläutern hier seine Prognosen zum Immobilienmarkt 2021.
Dr. Ulrich Stephan: „Investments in Immobilien dürften weiterhin interessante Möglichkeiten bieten – beinhalten aber auch Risiken. Beim Blick auf die einzelnen Sektoren könnte beispielsweise der stationäre Einzelhandel zunehmend unter Druck geraten – insbesondere durch den anhaltenden Boom des Onlinehandels.“
Gemeint ist: In den Städten wird durch wiederholte und lange Lockdowns vielen kleinen und mittleren, eigentümergeführten Geschäften wohl leider die Puste ausgehen. Dort werden nennenswerte Flächen durch Betriebsschließungen frei werden. Natürlich werden diese Flächen in ein paar Jahren wieder durch Neugründungen und andere Geschäfte belebt sein, aber in der Zeit bis dorthin wird es deutlich mehr Angebot als Nachfrage geben.
So wird in dieser Zeit die Neuvermietung von leeren Flächen schwieriger werden, die Mieten werden aller Voraussicht nach (zumindest vorübergehend) sinken, Leerstand droht.
„Kundennahe Logistikflächen hingegen sollten von diesen Entwicklungen profitieren.“
Gemeint ist: Im Jahr 2020 wurden die Lieferketten empfindlich unterbrochen: Rohmaterialien und vorgefertigte Teile kamen plötzlich nicht mehr rechtzeitig an und haben so die Produktion empfindlich gestört. Daher werden Industrie und Gewerbe mit Sicherheit mehr Material und vorgefertigte Teile in Ihrer Nähe lagern, um zukünftige Unterbrechungen in Lieferketten puffern zu können. Dies macht Lagerhallen und ähnliches in der Nähe von Produktionsstätten wichtig und attraktiv.
„Auch Büroimmobilien dürften gefragt bleiben – trotz des Trends zu flexiblerem Arbeiten. Denn nicht nur in Deutschland werden Arbeitsplätze auch in Zukunft vermehrt im Dienstlei-stungsbereich entstehen, während Jobs in der Industrie wegfallen.“
Gemeint ist: es wird (wohl ab 2022 schon) vermehrt Büroarbeitsplatz gebraucht. Erstens weil es mehr Dienstleistungsjobs geben wird, zweitens weil nicht plötzlich jedermann nur noch im Homeoffice arbeiten wird. Homeoffice ja, aber nur in Kombination mit einem festen Büroarbeitsplatz (siehe Immobi-lienbrief 64). In vielen Städten Deutschlands fehlen schon heute moderne Büroarbeitsflächen.
„Im Sektor Wohnimmobilien sorgt die anhaltende Urbanisierung für weiterhin knappen Wohnraum in vielen Ballungsräumen – und damit für zusätzliches Preispotenzial.“
Gemeint ist: Urbanisierung ist der Zuzug von ländlichen Gebieten in die Großstädte und Ballungszentren. Es spielt hierbei keine Rolle, ob die Leute in die City oder an den Stadtrand oder in die umliegenden Gemeinden ziehen. Auch wenn wir eine Wanderung zwischen Stadtzentrum und direktem Umland haben (übrigens in beide Richtungen), ist auf übergeordneter Ebene immer noch ein starker Zuzug in die Ballungszentren zu beobachten – das nennt man Urbanisierung. Dieser Zuzugsdruck treibt die Preise weiterhin an, trotz der wirtschaftlich extrem schädlichen Regierungsmaßnamen und ihren schmerzlichen, ökonomischen Folgen.
„Hauptgrund: es wird zu wenig gebaut. Allein in Deutschland könnte es dadurch bis Ende 2022 einen Nachfrageüberhang von 1,5 Millionen Wohneinheiten im städtischen Bereich geben.“
Gemeint ist: Trotz der erheblichen Bautätigkeit der letzten Jahre werden immer noch nicht genügend Wohnungen in den Ballungszentren (wie gesagt, Stadt oder Umland) fertiggestellt. Obwohl in manchen ländlichen Gebieten der Leerstand steigt, fehlen in den Großstädten dringend Wohnungen. Die Zahl 1,5 Millionen Wohnungen erscheint vielleicht hoch gegriffen, aber selbst wenn es nur die Hälfte wäre, wären das 750.000 Wohnungen, die nicht schnell hingezaubert werden können – es dauert nun einmal um die zwei Jahre, bis ein Haus fertig gebaut ist.
Fazit:
Nach Meinung von Dr. Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank, wird die Welt auch 2021/22 nicht untergehen, sondern wir können als allermindestes einen stabilen Wohnimmobilienmarkt erwarten.
Zu dieser Prognose möchten wir anmerken, dass Dr. Stephan trotz der unvorhersehbaren Ereignisse im letzten Jahr mit sieben seiner zehn Prognosen für 2020 richtig lag, was ein exzellentes Ergebnis ist.